Fraktale und Schicksal
Nachdem die Astrologen akzeptieren, dass der Mensch in seinem Dasein einen Lebenssinn empfindet, gehen sie davon aus, dass sie in der Lage sind, aus dem Geburtshoroskop Informationen über diese Lebensziele, diesen „Sinn“ herauszulesen. Sie nehmen also an, dass etwas in diesem Horoskop „geschrieben“ steht. Indem der Astrologe den sich stets verändernden, aber vorhersagbaren Himmel für den Augenblick einer Geburt aufzeichnet und dieses Bild dann benützt, um über die Lebensreise des Geborenen zu sprechen, akzeptiert der Astrologe das Vorhandensein von einer Art Schicksal oder Fügung. Dazu kommt, dass man durch die Anerkennung der Existenz des Schicksals immer auch das Verlangen nach der Gegenkraft des freien Willens hervorruft – all das, was nicht vom Schicksal diktiert wird.
Die Frage, was über ein Leben geschrieben wurde und was nicht, ist eine Kernfrage der Astrologie, denn man kann nur herauslesen, was für uns als Individuum bestimmt ist. Der freie Wille ist der Definition nach unerkennbar. Tatsächlich hat die Sichtweise, wie der Astrologe diese Balance zwischen freiem Willen und Schicksal sieht, einen starken Einfluss auf die Informationen, die seiner Meinung nach in dem Horoskop enthalten sind, und diese Sichtweise nimmt folglich einen ebenso großen Einfluss auf die Art von Astrologie, die der Astrologe betreibt.
Die Menschheit hat die Frage von Schicksal und freiem Willen lange diskutiert. Viele weise Menschen haben in den vergangenen 2500 Jahren tiefschürfende Gedanken dazu beigetragen. Faktisch hat allein schon die Gewichtigkeit und die scharfsinnige philosophische Argumentation rund um die Frage von Schicksal und freien Willen fast schon eine Blockade für die Debatte aufgebaut, die sich in Abstufungen auf andere Disziplinen übertrug. Aber dessen ungeachtet gibt es die zeitgenössische Stimme des Theoretischen Physikers Paul Davies. In seiner Besorgnis um die Erosion des freien Willens durch den Determinismus der Wissenschaften gibt er zunächst zu verstehen, dass wir tatsächlich einen freien Willen haben, und definiert diesen als unsere Seele. Er suggeriert, dass wir diesen freien Willen als eine Art „Volkspsychologie“ erleben, die in uns allen „als ein Selbst, als ein bewusster Agent existiert, der sowohl die Welt beobachtet als auch Entscheidungen fällt.“[1] Folglich lokalisiert Davis unsre Seele innerhalb der abgesteckten Grenzen unseres freien Willens. Das Chaos-Denken würde jedoch darauf hinweisen, dass Davies’ Idee von der Seele brüchig wäre, weniger weil er deren Existenz tatsächlich annimmt, sondern weil er die Seele als den freien Willen des Individuum definiert.
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