Mit der modernen Wissenschaft wurde der Himmel entzaubert. Wir erkennen heute mit Hilfe von Teleskopen, dass die Venus ein heißglühende Steinmasse ist, die nach festen Gesetzen durch den Kosmos rast. Mit der modernen Astronomie wurde die Astrolgoie in ein Schattendasein abgedrängt. Sternbeobachtung und Sterndeutung wurden egtrennt. Der Astronomieprofessor Aveni lässt den Leser den Zweifel spüren, ob damit Wahrheit über die Sterne gewonnen wurde.
Astrologie: Der Glaube an die Bilder
Heute weisen wir Sonnenuntergänge ausschließlich der Natur, das Sterben jedoch uns selber zu – beides soll nichts miteinander zu tun haben. Dieses Verhältnis zur Natur ist relativ neuen Datums, wohingegen man einst jedes ihrer Signale als eine Botschaft las, auf die es sinnvoll und mit geeigneten Maßnahmen zu reagieren galt. Bewusstes Handeln aus freien Stücken und nicht auf höheren Befehl gehört zu den neueren Erfindungen.
Bis vor etwa drei Jahrhunderten war der Glaube an die Astrologie, wörtlich »Lehre von den Sternen«, auch in Westeuropa fast allgemein verbreitet. Er durchdrang vom Adel bis zur Bauernschaft alle Schichten der Ständegesellschaft, prägte von der Politik und Wissenschaft bis zur Heilkunst und Landwirtschaft alle Bereiche – gehörte fest zum Leben. Doch im 17. Jahrhundert begann der Glaube an die Astrologie in der westlichen Kultur zu verfallen, ohne dass ihm jene kritischen Denker, die plötzlich das Licht der objektiven empirischen Wahrheit sahen, den Gnadenstoß versetzt hätten. Stattdessen musste die Astrologie noch bis in unsere Tage hinein eines langsamen qualvollen Todes sterben. So verkam die Kunde von den Auswirkungen und Einflüssen der Planeten auf die irdischen Belange im Lauf der Generationen von einer anspruchsvollen höheren Kunst zur Pseudowissenschaft. Obwohl die Astrologie von der Astronomie abgetrennt wurde, sollten wir wissen, wie sie in ihrer Blütezeit beschaffen war und auf ihren heutigen Zustand herunterkam, um den wechselhaften Dialog zwischen Menschen und Planeten über die Äonen hinweg verfolgen zu können.
Astrologie ist eine Art Weissagung – man zieht die höheren Kräfte zu Rate, die in verschiedenen Bereichen der Natur am Werk sind, um in die Zukunft zu blicken. Weltweit praktiziert wurde etwa die Methode, in tierischen Eingeweiden zu lesen. Im antiken Rom untersuchten die Auguren Lammlebern, während die Inka Lamalungen oder Mägen von Meerschweinchen aufbliesen. Die Griechen beobachteten die Muster des Vogelfluges, die Maya warfen Maiskerne in die Luft, und im Mittelalter lasen Wahrsager die Zukunft ihrer Klienten in einem Becher frisch abgelassenen Urins. Zeichen zu deuten bot eine Möglichkeit, die Beziehungen zu den Mächten der Natur zu klären – um sich moralische Richtlinien zu setzen und eine ungewisse Zukunft zu gestalten.
Wie verfährt die Astrologie? Zunächst einmal entwickelte sie sich in verschiedenen Zeiten und Regionen unterschiedlich. Zum Beispiel erkundete die naturbezogene Astrologie, ob das Aufkommen von Wind und Sturm durch Himmelsphänomene beeinflusst war. (Wie ich noch zeigen werde, ist Einfluss dabei ein Schlüsselbegriff.) Uns erscheint es ganz logisch, Himmelskonstellationen für die Wettervorhersage zu nutzen. Welcher Seefahrer kennt nicht den Reim: »Roter Himmel am Morgen macht dem Seemann Sorgen, doch des Abends Himmelsrot beschert ihm keine Not«? Und wer hat nicht schon einen Hof um die Sonne oder den Mond gesehen? Die Römer nannten solche Halos »Girlanden«, und Vergil betrachtete sie als Vorboten des Sturmes, weil der Wind gewöhnlich aus der Richtung auffrischt, wo der Hof zu reißen beginnt.
Im 16. Jahrhundert behauptete der Londoner Puritaner und Philosoph William Fulke in seinem Book of Meteors, Höfe um die Sonne und den Mond träten – genau wie Regenbögen, Luftschlösser, Nacht sonnen und Doppelmonde – nicht zufällig auf. Gott sende sie un vielmehr als »wunderbare Zeichen, um seine Macht zu bekunde und uns zu einem frömmeren Leben zu veranlassen«.
Demgegenüber sollte eine juridisch Astrologie das Schicksal von Menschen und Völkern voraussagen. In der Genethlialogie wurden vor allem Geburtshoroskope aufgestellt – wie wir sie heute noch in der Regenbogenpresse finden –, die auf dem Stand der Planeten bei der Entbindung beruhten. Diese bekannteste Form der Astrologie kam im 2. Jahrtausend vor Christus im mesopotamischen Chaldäa auf. Jede Astrologie wirft ungeachtet unserer Einstellung dazu das Problem der Willensfreiheit auf. Beherrschen uns die Sterne, oder zeigen sie lediglich Tendenzen an – wie etwa Krankheiten, zu denen man genetisch neigt, mit Medikamenten oder strenger Diät dauerhaft bekämpft oder wenigstens aufgeschoben werden können? Diese Frage beantworteten verschiedene Kulturen unterschiedlich.
Das alte chaldäische System beruhte auf dem Glauben, dass unsere Schicksale aus dem mannigfachen Zusammenwirken von Himmelsgeistern resultieren, die uns mit ihrer Strahlungsenergie beeinflussen. Wir Sterblichen hienieden – in der sublunaren Welt (»unter dem Mond«) – stellten uns auf diese himmlischen Schwingungen ein. Die Stärke der Strahlung hänge davon ab, wo ihre Quelle am Himmel steht und zu welcher Jahres- oder Nachtzeit sie auf- oder untergeht. Dabei war der Raum des Tierkreises, den diese Kraftquellen durchquerten, entsprechend den Vollmonden eines Sonnenjahres in zwölf Segmente unterteilt. In diesem System ließ sich jede Seinsart (oder Raum-Zeit-Gliederung) unter irgendwelche Einflüsse stellen, so dass die Eigenschaften extrem schwankten – von wohlwollend bis tyrannisch, stark bis schwach, positiv bis negativ –, was die transzendenten Götter ebenso betraf wie Normalsterbliche.
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