Wenn die Sonne im Frühling im Widder emporstürmt oder sie sich im Löwen nach ihrer Gipfelstellung selbst feiert, geschieht anderes am Firmament – und in uns. Welche Qualitäten in den zwölf Tierkreiszeichen zum Ausdruck kommen und welche Geschichten wiederum die zwölf Tierkreisbilder als Lichterscheinung am Himmel zu erzählen haben, das beschreibt Wolfgang Held und bringt dabei die fernen Sterne nah ins Leben.
Die Tierkreiszeichen lassen sich als Tierkreis des Lebens beschreiben, während die Tierkreisbilder einen sternenhaften, einen astralen Tierkreis der Seele repräsentieren
Sternenloser Sternenkreis
Diese Überlegungen erhellen auch die Tatsache, dass in den antiken Tierkreisdarstellungen keine Sterne zu sehen sind. Man hat — so müssen wir heute annehmen — den Sternen keine große Bedeutung gegeben, sondern mit den Bildbezeichnungen «Löwe», «Stier» usw. die geistige Wirkung, die aus einer bestimmten Tierkreisregion erlebt wurde, in ein Bild gefasst.
Die in vielen Astronomiebüchern beschriebene Vorstellung, dass aus den Sternenkonfigurationen die Bilder abgeleitet wurden, ist deshalb nicht falsch, aber zu oberflächlich. Die Sterne fügen sich recht gut in die Bilder ein, sind aber nicht deren Ursprung. Wenn wir heute wieder zu einer gehaltvollen Vorstellung der einzelnen Tierkreisbilder kommen wollen, müssen wir jedoch bei den Sternen ansetzen. Sie sind (es klingt in diesem Zusammenhang paradox) gewissermaßen der «Schatten» der einzelnen Tierkreisbilder. Indem wir den Schatten lesen lernen, begeben wir uns auf den Weg zum Geistig-Schöpferischen des Tierkreises, wir gelangen von der äußeren Form über das Bild zur Kraft des Tierkreisbildes.
Die Verschiebung von Zeichen und Bild
Zur Zeit der Festlegung des Tierkreises durch den griechischen Astronomen Claudius Ptolemäus stimmten Tierkreisbild und Tierkreiszeichen räumlich überein. Die vom Frühlingsort der Sonne gemessenen ersten 3o° des Tierkreises, das Tierkreiszeichen Widder, meinten denjenigen Bereich des Sonnenpfades, in dem sich auch die Sterne des Bildes Widder befanden. Mittels Rechnung – oder der Vollmondstellung sechs Monate später – konnte man damals Ende März/Anfang April, der Zeit des Zeichens Widder, hinter der Sonne tatsächlich die Sterne des Widders sehen.
Nun verharrt der Sonnenort bei Frühlingsbeginn am Fixsternhimmel nicht an der gleichen Stelle, sondern wandert in 72 Jahren 1° in Richtung Fische. Mit jedem verstreichenden Jahrhundert haben sich deshalb Tierkreisbilder und -zeichen mehr und mehr gegeneinander verschoben. Mittlerweile ist der Frühlingspunkt um 29° gewandert und befindet sich am rechten Rand der Fische. Somit finden die ersten 30° der Sonnenbahn nach Frühlingsanfang, das sogenannte Tierkreiszeichen Widder, vor dem Sternenhintergrund der Fische statt. Entsprechend steht die Sonne jetzt Anfang Februar im Zeichen Wassermann, aber vor den Sternen des Steinbocks.
Weder ist es sinnvoll zu fragen, welcher Tierkreis nun der «richtige» sei, noch sollte diese Verschiebung als ein Unglück betrachtet werden. Die beiden Tierkreisgliederungen beziehen sich auf verschiedene Bereiche der Wirklichkeit. Dass die beiden Tierkreise sich verschoben haben, in ein gegenseitiges Spannungsgefüge gekommen sind, spiegelt sich auch in der menschlichen Entwicklung wider: Von Sokrates im klassischen Griechenland ist bekannt, dass der beste Denker zugleich auch der beste Tänzer sei. Dies mag als Beispiel gelten für die leiblich-seelische Harmonie, die die Menschen dieser Zeit auszeichnete. Die beschriebene Verschiebung im Tierkreis ist nun kosmischer Spiegel der Tatsache, dass mit der menschlichen Entwicklung das leiblich-seelische Gefüge in ein Spannungsverhältnis geraten ist. Körperliches und Seelisch-Geistiges stehen nicht mehr in vollem Einklang. Zugleich liegt in dieser Disharmonie ein Quellort der menschlichen Freiheit.
Die Verschiebung von Tierkreisbild und Tierkreiszeichen ist kein «Betriebsunfall im Kosmos». Durch den Unterschied, der so zwischen Tierkreisbild und -zeichen klafft, scheinen leibliche und seelische Konstitution des Menschen in ein labiles, ein offeneres Verhältnis zu geraten.
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