Der ersten Band „Zukunftsvisionen“ stellt jene Arten der Prognostik vor, die auf Intuition und Inspiration gründen: Trance und Besessenheit, Wahrträume, Präkognition, religiöse Zukunftsmythen, Utopien, Gesellschaftsvisionen und Science Fiction bis hin zu den qualitativen Methoden der aktuellen Trend- und Zukunftsforschung. Und nicht selten findet sich Modernes in den magischen Methoden und Magisches in den Modellen unserer Zeit.
Dr. Christof Niederwieser, Studium Internationale Wirtschaftswissenschaften an er Uni Innsbruck. Forschung über Prognostik seit 1999. Langjährige Management-Tätigkeit in der Musikbranche. Herausgeber eines Online-Magazins für innovative Musik. Seit 2014 Unternehmungsberatung für Zukunftsstrategien.
Nostradamus
Nostradamus (1503 - 1566) war ein französischer Arzt und Astrologe, welcher schon zu Lebzeiten für seine Prophezeiungen bekannt war. Wie kaum ein anderer ist er bis heute Inbegriff des mystischen Zukunftsdeuters. Unzählige Bücher befassen sich mit der Auslegung seiner Zukunftsvisionen, welche er in geheimnisvollen, symbolischen Vierzeilern (Quatrains) verfasst hat. Und immer dann, wenn die Welt von Krisen geschüttelt wird, von Kriegen, Katastrophen oder Unglücken, dann sind auch gleich zahlreiche „Nostradamus-Experten" zur Stelle, um anhand diverser Verse des Meisters zu zeigen, dass dieser die Ereignisse genau vorhergesagt hätte. Jahr für Jahr erscheinen Bücher, welche die Geschicke des kommenden Jahres aus den alten Nostradamus-Worten zu erlangen glauben. „Nostradamus 2006 - Womit wir 2006 rechnen müssen“ ist ein typischer Titel dieser Art von Publikationen. So unabwendbar die darin getroffenen Prognosen auch geschildert werden, liest man diese Bücher nach Ablauf des Jahres, so muss man feststellen, dass davon kaum etwas eingetroffen ist. Dennoch stehen sie jedes Jahr erneut auf den Bestseller-Listen.
Was macht nun die Prophezeiungen des Nostradamus so einzigartig? Was begründet ihre unvergängliche Popularität? Ein Grund des Erfolges hegt sicherlich in der kryptischen, dunklen Sprache, welche wie das Lächeln der Sphinx ewige Rätsel aufgibt. Denn weder finden sich darin konkret formulierte Ereignisse, noch genaue zeitliche Angaben. Der Interpretation sind somit kaum Grenzen gesetzt. Dazu kommt, dass die Originale seiner Zenturien, so nannte er seine jeweils 100 Verse umfassenden Sammlungen, in einem Gemisch aus dem altfranzösischen Languedoc-Dialekt, Latein und zahlreichen anderen Sprachen geschrieben wurden und auch viele Wortneuschöpfungen, Anagramme und Buchstabenspiele enthalten. Eine genaue Übersetzung in neuzeitliche Sprachen ist somit gänzlich unmöglich. Und so ist man sich auch unter „Nostradamus-Experten" keinesfalls einig darüber, welcher Vers mit welchem Jahrhundert, geschweige denn Ereignis korrespondiert. Der sagenumwobene „Nostradamus-Code" harrt nach wie vor seiner Entschlüsselung*, auch wenn in regelmäßigen Abständen behauptet wird, dass er nun endlich geknackt wäre.191
Nur wenige seiner Quatrains werden in der Sprache etwas deutlicher. Dazu zählt jener 1555 veröffentlichte Vers, welcher den legendären Ruf von Nostradamus entscheidend mitgeprägt hat. Übersetzt lautet er etwa folgendermaßen:
„Der junge Löwe wird den alten überwinden,
auf dem Schlachtfeld im Einzelkampf.
Im goldenen Käfig wird er ihm die Augen ausstechen,
Zwei Wunden eine, dann sterben, grausamen Tod."
Als im Juli 1559 Heinrich IL von Frankreich bei einem Turnier durch den Splitter einer Lanze tödlich am Kopf verletzt wird, deuten dies viele als Erfüllung der Prophezeiung. Der Turnierplatz wird zum Schlachtfeld im Einzelkampf. Heinrichs Helm wird zum goldenen Käfig und seine Stirn zum Auge. Die Mythenbildung um Nostradamus nimmt ihren Anfang und ist nicht mehr aufzuhalten.
Die Nostradamus-Verse und die biblischen Offenbarungen gehören zu jenen prophetischen Texten, welche sich in großem Ausmaß der symbolischen Verschlüsselung bedienen. Die Schriften selbst gehören dabei zur visionären Prognostik. Der Prophet Johannes schreibt am Beginn seiner Offenbarung: „Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune, die sprach: Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden.“
Dem Propheten Daniel wurde seine apokalyptische Vision von den vier Tieren im Traum offenbart. Die Quatrains von Nostradamus beruhen einerseits auf astrologischen Berechnungen, andererseits, wie er im Vorwort seiner Prophezeiungen schreibt, aber auch auf Korrespondenz mit göttlichen Wesenheiten. Die Entschlüsselung der Visionen, wie sie von modernen Nostradamus- und Offenbarungsexperten betrieben wird, zählt hingegen bereits zur zeichendeutenden Prognostik, genauer gesagt zur Deutung künstlicher Zeichen. Es gibt jedoch auch Propheten, deren Worte in viel geringerem Ausmaß der Auslegung bedürfen. Nur der Inhalt bleibt derselbe: Katastrophen, Kämpfe und der Große Krieg.
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