Ingrid Zinnel (1948) war Autorin und Zeichnerin von Kinderbüchern. 1982 gründete sie mit Peter Orban "Symbolon", eine Praxis für Selbsterfahrung. Seitdem arbeitet sie als Astrologin, Homöopathin und Ausbilderin. |
Dr. Peter Orban lehrte von 1972 bis 1978 Sozialpsychologie an der Uiversität Frankfurt a. M. Seit 1978 arbeitet er als Astrologe und Psychotherapeut in seiner eigene Praxis in Frankfurt. 1984 gründete er zusammen mit Ingrid Zinnel "Symbolon". |
Vorwort
"Gib das Verwahrte zurück!"
Pittakos von Mitylene
Ein Spiel ist ein Spiel und kein Orakel!
Als wir in unserem Inneren auf jene Bilder stießen, von denen dieses Buch handelt, hatten wir nicht die Pythia im Sinn, also nicht die Orakelpriesterin, sondern unsere Gedanken weilten bei einer anderen Form des Berührtwerdens.
Unser Denken und unser Gedenken kreiste um das Thema der Musen. Von ihnen, besonders von ihrer Mutter, Mnemosyne, sind wir verzaubert. Wir sind tief bewegt, von dem Bild, dass eine Mutter ihre Töchter einmal nicht wohlfeil unter die Haube zu bringen bestrebt war, sondern sie, ganz im Gegenteil, in die Welt hinaus entließ, damit sie - eine jede auf ihre Art - die Menschen mit ihrem Kuss erinnerten.
Erinnern? Woran?
Nun, das ist eine sehr lange Geschichte.
Um diese Geschichte vielleicht eines Tages erzählen zu können, also eines Tages zu wissen, was es alles zu erinnern gibt, müssen wir erst einmal versuchen, uns des Erinnerns zu erinnern.
Anders gesagt, wir haben nicht nur sehr vieles, was einmal Teil von uns war, was einmal zu uns gehört hat, weggegeben und können uns daran nicht erinnern, wir haben sogar diejenigen vergessen, die ausdrücklich angetreten sind, uns zu erinnern: die Musen und jene mütterliche Größe, die hinter ihnen steht und ihnen diesen Auftrag vergab: Mnemosyne.
Da freilich nie etwas endgültig dem Vergessen anheim fällt, haben auch die Töchter bis heute überlebt. Ihr Name dauert fort in einer unauffällig gewordenen Nische, die niemand mehr so eigentlich mit ihren Personen in Verbindung bringt, die aber dennoch das große Potenzial der Erinnerungen in sich aufbewahrt trägt: in der Musik (von musike den Musen zugehörig). Auch der Volksmund hat dieses Wissen gespeichert in dem Satz:
"Wo Menschen singen, lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder."
Böse Menschen haben keine musike, haben keine Beziehung zu den Musen. Sie sind deshalb "böse", weil sie vergessen haben.
Musik hilft dabei, sich zu erinnern. Das ist einer der Gründe dafür, warum in den alten Asklepiaden, den griechischen Heilungstempeln, immer eine zarte Musik erklang, und es ist auch der Grund, warum in den heutigen Therapieräumen - mehr und mehr - im Hintergrund Kitaro oder Klaus Schulze oder Tangerine Dream läuft.
Es wäre freilich vollständig einseitig, das Thema der Musen allein auf das Gebiet der Musik zu reduzieren - und es war auch bei den Griechen niemals so gedacht.
Jede Form der schönen Künste hatte ihre eigene Muse, bis hin zur Philosophie, die von Platon im Phaidros (Vers 259d) ausdrücklich den Musen Kalliope und Urania unterstellt wird.
Sie sind gleichsam die Schutzgöttinnen der Philosophie, was für Platon buchstäblich bedeutete: Ohne eine Hinwendung an die Musen, ohne deren Kuss, findet keine Philosophie statt!
Wir wollen es nicht verhehlen: Ursprünglich sollte unser Kartenspiel "Mnemosyne" heißen und also dieser (inneren) Person gewidmet sein. Als wir aber die Sache bei Licht besahen, wurde uns diese Anmaßung bewusst, und wir ahnten etwas voraus: dass wir mit diesem Namen ganz ebenso Mnemosynes große Gegenspielerin auf den Plan rufen würden, und wir sahen schon die Käufer in der Buchhandlung stehen und nach diesem Namen suchen, der ihnen nicht einfallen wollte.
Als mahnendes Beispiel erschien uns die Geschichte des Buches von Julius Schmidhauser "Mnemosyne"1, das als eines der ganz großen Philosophiebücher der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts in der Vergessenheit verschwunden war.
Mit den Kräften der Lethe, der Göttin des Vergessens (und damit Mnemosynes "Alter Ego") ist eben nicht zu spaßen. Sie sind heute so stark, dass wir uns auf dieses Risiko nicht einlassen wollten, und deshalb heißt unser Spiel (gleichsam als ein Pseudonym) "symbolon".
Der Leser jedoch - und auch der Spieler -, der durch das Spiel zu mehr Erinnerung sich hindurchgearbeitet hat, darf es am Ende bei seinem wahren Namen nennen.
Wovon handelt nun unser Spiel?
Nicht nur davon, dass es Wesenheiten gibt, die den Auftrag des "Erinnerns" einmal hatten, sondern dass sich noch ganz andere Kräfte und Personen im Inneren der Welt aufhalten und sich damit auch im Inneren unserer Seele tummeln. Ebendiese gilt es zu erinnern.
Von diesem Phänomen wusste schon Kirchenvater Origines: "Du wirst sehen, dass ein Mann, der einer zu sein scheint, nicht nur einer ist, sondern es erscheinen so viele Personen in ihm, wie er Verhaltensweisen hat."2
In unserer blutarmen, d.h. seelenarmen Zeit, in der die Seele (nach den Erzählungen der Schulpsychologie) nur noch aus Komplexen, Mechanismen und Neurosen zu bestehen scheint, gibt es kaum noch den Gedanken an Wesenheiten, kaum noch den Gedanken an innere Personen, die einst auftauchten aus den Tiefeschichten der Seele und von dort etwas zu berichten wussten. Die Erinnerung an diese Personen ist seit Beginn der Neuzeit in einer großangelegten Aufklärungskampagne aus den Kammern des Inneren getilgt worden, und die letzte große Seelengestalt, die hier vertrieben worden ist, war - bezeichnenderweise - die Gestalt des Teufels. Mit seiner Demontage hatte man jedoch (buchstäblich) das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Nicht nur das Kind, sondern alle anderen inneren Gestalten gleich mit. Still ruhte seitdem der (Seelen-)See.
Jetzt hatte die Wissenschaft das Sagen, und in ihr hatten innere Personen keinen Platz mehr. Die Gestalt, die hier zum alleinigen Fahnenträger werden musste, eine merkwürdig asexuelle Erscheinung namens "Rationalität" (oder "Vernunft"), wurde weder als Person gesehen noch ging aus diesem Arbeitsbündnis sehr viel (die Seele befruchtendes) Neues hervor.
Man könnte sagen, dieser Gestalt fehlte das Weibliche, und so gebar sie zwar Nobelpreisträger, aber kaum (lebendiges) Wissen. (Ganz ebenso hatte die Gestalt der "Alma Mater", also die nährende Mutter "Universität", ihre lebensspendende Milch weitgehend verloren und durch schnell verwertbare Kunstprodukte ersetzt.)
Kaum ein Psychologe lernt hier, dass sich hinter seiner Berufsbezeichnung ebenfalls eine Frau verbirgt: Er übersetzt "Psyche" mit "Seele" nichtahnend, dass er es mit der Gemahlin des Gottes "Amor" zu tun hat: einer ehemaligen Königstochter namens "Psyche", die später von Jupiter zu den Göttern emporgerissen wurde.
Was, so mag sich der Leser fragen, hat denn das Märchen von Apuleius, der die Geschichte von "Amor und Psyche" erzählt, zu tun mit unserem Thema der Erinnerung oder gar mit den Personen im Inneren meiner Seele?
Die Antwort ist ebenso einfach wie verblüffend: Das Märchen und - noch deutlicher - der Mythos ist die einzige Erinnerung daran, dass es im Inneren des Menschseins und d. h. im Inneren einer jeden menschlichen Seele verschiedene Personen gibt: verschiedene Wesenheiten, die mich umhertreiben, die mich antreiben, die mich glücklich machen, mich auf die Suche schicken und die mich zerreißen.
Aber auch der Wissenschaft, die bestrebt ist, jeden Menschen als eine identische und authentische Einheit auf einen gemeinsamen Nenner zu zwingen, begegnet (seit etwa 1980) ein Phänomen, vor dem sie - mit ihren normalen Werkzeugen - bisher hilflos steht. In ihren Kliniken und Laboratorien treten, zunächst als Kranke, Menschen auf, die glaubhaft und leidend demonstrieren, dass in ihrem Inneren viele am Werk sind. Unter dem Etikett "MPD" ("multiple personality disorder" = Störungen durch vielfältige innere Persönlichkeiten) machen eine Reihe von Patienten schmerzlich glaubhaft, dass in ihrem Inneren nicht eine Person ihres Amtes waltet, sondern deren viele. Das hat sich noch nicht bis in die deutsche Psychiatrie hinein herumgesprochen (obwohl es ganz zarte Ansätze gibt), aber das große Feld der Sachbücher, die allesamt Patientenbeschreibungen enthalten, spricht hier, unabhängig voneinander, eine deutliche Sprache. Allein im deutschsprachigen Raum kann sich der interessierte Leser hinreichend informieren.3
Und das ist nur die Spitze des Eisberges, denn die eigentliche Aufarbeitung dieses Phänomens findet (in der amerikanischen Psychiatrie) in Fachbüchern, Zeitschriften und Kongressen statt.
Diese Texte sagen - z.T. ohne dass sie voneinander wissen - dasselbe. Sie sind der Aufschrei einer Person, die entdecken muss: Ich bin in meinem Inneren nicht allein. Ich bin viele!4
Das aber wollte die großartig angelegte Seelenlehre der Griechen (und Römer) uns auch immer schon erzählen, wenn sie unter dem Namen "Mythos" ihre alten Geschichten zur Erinnerung der Seele an sich selbst ausbreitete.
Jeder Mythos erzählt die Geschichte der Seele! Aber nicht die Geschichte irgendeiner Seele, sondern die Geschichte desjenigen, dem der Mythos zu Ohren kommt. Insofern behandelt jeder Mythos die Geschichte deiner und meiner Seele!
Das hat Freud als erster Abendländer erahnt, und in den Bildern des "Narziss" und des "Ödipus" hat er diese "Erinnerung", diese "Rückverbindung" wieder hergestellt, die jahrhundertelang verloren war. Das ist seine großartige Leistung. Dass er gegen die Meinung der Fachkollegen den Kuss der Musen ernst nahm und das Amt des "Erinnerers" (gegen alle Widerstände) stur und starrköpfig durchhielt, zeichnet ihn als genialen Menschen aus. Er hat es gefunden (wenn er es auch selbst nicht ganz verstanden hat): Die Muse hatte eben ihn geküsst und damit als Finder auserwählt. Jetzt war es in der Welt und konnte z.T. von seinen "abtrünnigen Schülern" (C.G. Jung, Groddeck, Rank etc.) weitergeführt werden.
Dass wir das vorliegende Buch schreiben können, verdanken wir ihm. Und das sei hier einmal mit dem nötigen Respekt und in tiefer Dankbarkeit angemerkt. Er hat dem Thema der Seele, wie kein Zweiter, ein neues Fundament gegeben (oder doch wenigstens die wichtigsten Pfeiler errichtet), auf dem wir Späteren - ein jeder nach seiner Art - uns unsere eigenen Zimmer einrichten dürfen.
Jeder Mythos erzählt die Geschichte einer (oder zweier oder gar dreier) Personen und einer Konfliktsituation.
Warum?
Damit du dich daran erinnerst, dass es diese Person und diesen Konflikt auch in dir gibt. Es muss immer als Geschichte erzählt werden, sonst versteht es deine Seele nicht. Es kann nicht als Mahnung an dich ergehen, als Gebot oder als Verbot, als "du darfst..." oder "du darfst nicht...". Es würde dir ein schlechtes Gewissen machen, und du müsstest den Zusammenhang emeut verdrängen. Jede Verdrängung aber hat damit zu tun, dass eine der inneren Personen auf der Oberfläche des Bewusstseins (also in deiner Erinnerung) nicht mehr vorhanden sein darf. Sie - diese Person - wird bei einer "Verdrängung" gezwungen, aus dem Parterre des Bewusstseins in die Kellerräume hinab zu entweichen, und dort wird sie jetzt zum Spuk. Und das Bewusstsein hat in Zukunft Angst davor, dass dieser Spuk - eben als Gespenst - in das Parterre zurückkehrt und mich dort furchtbar erschreckt.
Der Inhalt des Verdrängten (und das ist für uns alle so eminent schwer zu verstehen) ist immer eine Person! Nie werden Einzeltatsachen verdrängt oder Einzelszenen, sondern in diesem Akt der Verdrängung entsteht eine eigene und (ab jetzt) eigenständige Person!
Und so gibt es eine riesengroße "Kammer des Vergessens" in unserem Inneren, und in dieser Kammer tummeln sie sich alle. Die Wesenheiten des alltäglichen Wahnsinns.
Dieser Kammer der Lethe das Vergessene zu entreißen, war jeder Mythos angetreten. Und um einen Blick in diese Kammer zu werfen, haben wir dieses Kartenspiel entworfen.
Unser Spiel ist also - so lautet sein Untertitel - das "Spiel der Erinnerungen".
Es will dir etwas zurückbringen!
Damit aber unterscheidet es sich in seiner Blickrichtung von den meisten anderen Kartenspielen, die sich heute am Markt befinden. Sein Ziel ist nicht die Zukunft, der es prophetisch etwas entreißen möchte (das wäre der Dienst der Orakelpriesterin, vgl. unsere Karte DIE PYTHIA), sondern sein Ziel ist das Vergangene, aus dem es eine Erinnerung in die Gegenwart hinein zurückerstatten möchte. Dass diese beiden Ziele letztlich nicht voneinander zu scheiden sind, sehen wir daran, dass - wie Pausanias erzählt - im Giebel des Orakeltempels (zu Delphi) Apollon mit den Musen dargestellt war. Und dass - ebenfalls - unten zur Öffnung hin, über der die Pythia auf ihrem Dreibein saß, ein Spruch sich eingemeißelt befand. Er lautete: "Gib das Verwahrte zurück!"5
Zu diesem Zweck, eben das Verwahrte zurückzubringen, bedient sich unser Spiel der "Bilder". Ganz ähnlich wie die "musike", haben auch die Bilder eine eigentümlich erinnernde Kraft in sich. Und zwar übersteigt diese Kraft die Fähigkeit des geschriebenen Wortes bei weitem. Bei Platon schon findet sich der Hinweis, dass mit der Erfindung des geschriebenen Wortes das Vergessen geradezu gefördert wird. Er sagt sinngemäß, dass die Schrift den Seelen Vergessenheit einflößt, weil der Mensch im Vertrauen auf die Schrift sich jetzt nur noch von außen vermittels fremder Zeichen (Buchstaben) erinnern kann, nicht aber er sich selbst von innen heraus unmittelbar er-innern kann. Damit bleibt das Erinnern gleichsam äußerlich. (Vgl. Phaidros 275 a2-b2.)
Diese Einschränkung haben Bilder nicht! Sie treten mit der Seele unmittelbar in Kontakt, berühren sie und geben Anlass zu der Frage: Wie sieht dieses äußere Bild wohl in meinem Inneren aus?
Dass wir den Bildern auch begleitende Texte an die Seite stellen, ist eine Konzession an die linke Hirnhälfte - für uns jedoch sekundär. Der Leser tut gut daran, diese Texte zur Kenntnis zu nehmen, dann aber sollte er die Worte wieder verlassen und die Bilder als Bilder in sein Inneres einsinken lassen. Dort und nur dort können sie ihre herbeiholende Kraft entfalten.
Unser Spiel trägt in sich noch eine weiterführende Absicht. Es entstand an der Stelle, an der die beiden Haupttätigkeiten der Autoren sich berühren: im Schnittpunkt zwischen Therapie und Astrologie. Der Inhalt seiner Bilder wurde sozusagen aus dem befruchtenden Akt zwischen diesen beiden Tätigkeiten von einem Mann und einer Frau gezeugt und von einer Künstlerin, Thea Weller, zur Welt gebracht.
Als wir für unser Astrologie-Buch "Drehbuch des Lebens"6 die "inneren zwölf Personen" mitsamt ihren Kombinationsmöglichkeiten (Mond-Mars, Mond-Venus, Mond-Merkur) etc. durchzählten, um festzulegen, wer (von uns) wie viele Kombinationen zu beschreiben hatte, stellten wir fest, dass 78 derartiger Beschreibungen notwendig wären. Das war der Moment, an dem die Muse erschien, und damit war es die Geburtsstunde des vorliegenden Spieles!
Derjenige, der es erworben hat, hat also jetzt nicht nur die Möglichkeit, seine Erinnerung zu beflügeln, sondern er erhält darüber hinaus auch ein Bilderbuch der astrologischen Aspekte, das ihn in die Lage versetzt, jede mögliche astrologische Kombination zu "schauen" und sich so tiefer in sein Horoskop (und das seiner Klienten) einzulassen, als er es in einer wörtlichen Beschreibung vermag. Wenn er sich also für seinen "Mond im Zeichen Steinbock" interessiert, so schaue er sich die Karte DIE EISKÖNIGIN an, denn sie trägt die Signatur "Krebs-Steinbock" bzw. "Mond-Saturn".
Auch wenn er für sein Mond-Saturn-Quadrat eine Erläuterung sucht, ist diese Karte sein symbolisches Heilmittel.
Der Leser muss nur wissen, dass Steinbock und Saturn bzw. Krebs und Mond ja nur Synonyme für zwei verschiedene innere Personen sind.
Dennoch: Es ist nicht nur ein astrologisches Spiel! Es handelt eigentlich nicht von Planeten und Tierkreiszeichen (obwohl diese auf den Karten abgebildet sind)!
Planeten und Tierkreiszeichen sind nur die Pseudonyme, die Künstlernamen für Gestalten und Gestaltungen tief im Inneren der Seele. Und um diese geht es!
Freilich, wer etwas von Astrologie versteht, erhält für diese Disziplin eine zusätzliche Kartographie.
Die Autoren verwenden diese Bilder schon lange zum Illustrieren bestimmter astrologischer Aspekte in ihren Horoskop-Beratungen.
Letztlich ist Astrologie ja nichts anderes als eine Form der Therapie, eine Form des Erinnerns. Jede Interpretation eines Horoskopes erläutert die inneren Personen, die als Darsteller die Bühne des Lebens bevölkern.
Entstanden sind die Karten jedoch hauptsächlich als Bilder in unserer Seele und der Seele vieler unserer Patienten. Ihnen möchten wir an dieser Stelle herzlich danken, dafür, dass sie uns das Gruseln beibrachten und dass sie uns lehrten, dass hinter jedem Gruseln der verborgene Gruß einer inneren Person sich verbirgt, die, hat man einmal den Mut gefasst, ihre Seelen-Kammer zu durchwandern, sich mit einem liebevollen Kuss, winkend und augenzwinkernd dafür bedankt.
Vor ihr gruselt es uns jetzt nicht mehr, denn sie ist jetzt er-innert. Das alte Märchen stimmt wörtlich: Nur so wird aus dem Frosch ein Prinz.
Zu guter Letzt müssen wir den Leser an diejenige erinnern, ohne die es dieses Spiel in der vorliegenden Form nicht gegeben hätte: die Künstlerin Thea Weller, eine der "Moiren" im Inneren unserer Seele. Sie arbeitet hier schon sehr lange, und sie hat sich - in unserem Inneren - längst schon ein eigenes Denkmal und ein Mahnmal errichtet. Eines, dessen steinböckische Kraft uns jedes Mal mahnte, für jede einzelne Karte erneut die Verantwortung zu überprüfen.
Wir lieben sie nicht nur für das, was sie hier mit ihrem bunten Strich "angerichtet" hat: Die Übersetzung unserer Ideen und Skizzen in die endgültigen Bilder hinein ist ihr ureigenstes Werk.
Frankfurt, März 1993
Peter Orban & Ingrid Zinnel
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- 1 Julius Schmidhauser, Mnemosyne, Heidelberg 1954
2 Zitiert nach C. G. Jung: Die Psychologie der Übertragung, Olten 1973, S. 45
3 Flora Rheta Schreiber: Sybil (Fischer Verlag), Daniel Keyes: Die Leben des Billy Milligan (Heyne), Lucy Freeman: Der stille Schrei (Kabel Verlag), Truddi Chase: Der Aufschrei (Bastei Verlag)
4 So der Titel eines neuen Buches von Joan Frances Casey, Reinbek 1992
5 Vgl. Luciano De Crescenzo: Geschichte der griechischen Philosophie, München 1990. S. 24
6 Peter Orban/ Ingrid Zinnel, Drehbuch des Lebens, Reinbek 1990
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