Richard Tarnas studierte Altertumswissenschaft, Philosophie und Psychologie in Detroit und Harvard. Er war lange Zeit Direktor am Esalen Institut in Big Sur. Heute ist er als Professor für Psychologie und Philosophie am California Institute of Integral Studies in San Francisco

Uranus-Pluto-Zyklus

ARCHETYPISCHE Entsprechungen wie diese erscheinen jedoch von größerer Bedeutung, wenn sie im Lauf der Geschichte betrachtet werden, woraus sich Zusammenhänge zwischen wichtigen kulturellen Ereignissen und den großen Zyklen der äußeren Planeten erkennen lassen. Am Schluss des ersten Teils wurde die Konjunktion von Uranus und Pluto besprochen, die in den Sechzigern stattfand, und es soll noch einmal daran erinnert werden, wie sehr die gerade erwähnten diversen prometheischen Eigenschaften damals Teil der größeren Strömungen waren: die Auflehnung gegen herkömmliche Strukturen jeder Art, die große geistige Abenteuerlust und Ruhelosigkeit, die radikalen Transformationen des Bewusstseins, der ungeheure wissenschaftliche und technische Schritt ins Weltraumzeitalter, die allgemeine Aufbruchsstimmung — all dies kennzeichnete den Zeitraum von 1960 bis 1972, in dem Uranus und Pluto sich mit 15' Orbis in Konjunktion befanden. Diese Beziehung zwischen Ereignissen und dem Stand der Planeten wird allerdings noch bemerkenswerter, wenn wir sie vor dem Hintergrund der Aspekte zwischen Uranus und Pluto betrachten, wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte bildeten.So befinden sich Uranus und Pluto in dem Jahrzehnt, in dem die französische Revolution stattfand, in einer Opposition, die (mit einem Orbis von 15° ) von 1787 bis 1798 bestand und uni 1790 herum exakt wurde. Zwischen diesem Zeitraum und den Sechzigern unseres Jahrhunderts bestehen auffallende Ähnlichkeiten: in dein enormen Aufleben des prometheisch-revolutionären Antriebs, der nicht nur in Frankreich, sondern auch in ganz Europa weitreichende gesellschaftliche und politische Veränderungen mit sich brachte, in der ungeheueren Energie und dem Aktivismus, im überwältigenden und vielfachen Drang, zu rebellieren, zu reformieren und ohne Unterlass zu experimentieren, in der Auflehnung gegen Unterdrückung, in der allgemeinen Radikalisierung und in dem plötzlich erwachenden Willen, eine neue Welt aufzubauen. Wie zwischen 1960 und 1972, so gab es auch zwischen 1787 und 1798 auf praktisch jedem Gebiet die Forderung nach neu zu gewinnender Freiheit: in der Gesellschaft, in der Politik, in der Wirtschaft, in intellektueller Hinsicht und auch in Kunst und Religion. In seiner jetzigen Bedeutung von plötzlichem gesellschaftlichen Umbruch kam das Wort „Revolution“, das in den Sechzigern in aller Munde war und um das in diesem Zeitraum alles kreiste, uni 1790 herum zum ersten Mal in Umlauf.Die auf diese Opposition von Uranus und Pluto folgende Konjunktion fand zwischen 1845 und 1856 statt, und genau in diesem Zeitraum ereignete sich die Welle der Revolutionen, die 1848 und 1849 durch Europa ging und die durchaus mit der französischen Revolution vergleichbar ist. Wieder brach der kollektive Drang nach Umwälzung aus, der den ganzen Kontinent erfasste und fast gleichzeitige Revolutionen und Aufstände in beinahe jeder europäischen Hauptstadt mit sich brachte, von Paris, Berlin, Wien, Budapest, Prag, Rom, Mailand und Dresden bis nach Baden. Ein ähnlicher andauernder Massenausbruch prometheischer Energien lässt sich während der Opposition von Uranus und Pluto beobachten, die zwischen 1643 und 1653 stattfand und derjenigen vorausging, die zur Zeit der französischen Revolution stattfand: in diesem Jahrzehnt ereignete sich in England die Puritanische Revolution, die damals auch great rebelliongenannt wurde. Sie wiederum war nur ein Teil einer größeren Folge von Aufstanden und Revolutionen, die Europa zu dieser Zeit heimsuchten.