Sheila Farrant »läßt Göttinnen und berühmte Frauen früherer Gesellschaften lebendig werden und setzt sie in Beziehung zu unserer Gegenwart und Zukunft. Sie zeigt, wie die weiblichen Symbole, die ehemals Allgemeingut waren, in der langen Periode patriarchaler Ausrichtung kleingemacht wurden oder ganz verschwunden sind. Indem sie uns vor Augen führt, welche Konsequenzen das für das Selbstbild von Frauen gehabt hat, gelangt sie zu einer Neuinterpretation der zwölf Tierkreiszeichen, die die bestehende Einseitigkeit aufhebt. Sie verfolgt die Geschichte der geläufigen Tierkreiszeichen und ihrer Planeten zurück und setzt deren weibliche Elemente wieder in die Position ein, in die sie gehören.«
Sheila Farrant ist Engländerin, sie hat Archäologie und Anthropologie in Cambridge studiert, wo sie heute an der Open University lehrt. Außerdem arbeitet sie als Astrologin mit Frauengruppen.
Astrologie als Symbolbild-Sprache
Das Thema dieses Kapitels ist die These, dass die Astrologie Teil einer uralten Sprache mythischen Gedanken- und Bildgutes war und noch immer ist - eines zusammenhängenden Symbolsystems, das durch das geschriebene Wort und die Religionen, die sich auf die Schrift berufen, d.h. den Judaismus, die christlichen Religionen und den Islam, nach und nach abgelöst wurde.Ich behaupte, dass die Symbolbildsprache ebenso wichtig war wie die Schriftsprache und in jenen Bereichen, die sich mit mystischem Denken und "höheren" Stufen der Erkenntnis beschäftigten, sogar von noch größerer Bedeutung, was durch zahlreiche Autoren bestätigt wird. John Holland-Smith klagt in seinem Buch The Death of Cla,ssical Paganism (Der Tod der heidnischen Antike) die frühen Christen an, die gegenwärtige Verarmung dieser einst so mächtigen Sprache verursacht zu haben: Bei ihrem Versuch, die Götter auszurotten, zerstörten die Christen die Welt jene"; die diese Göttinnen und Götter liebten und ihnen freudig dienen konnten. Das Ergebnis war, daß wieder Chaos herrschte, nachdem sie dies geschafft hatten... Als dann, nach einer Pause, die Bischöfe im Mittelalter den Gläubigen das Zugeständnis machten, in Gott Jupiter und in Maria die Göttin wiedererkennen zu dürfen, wurde behauptet, daß nichts verloren gegangen wäre. Das aber stimmt nicht - wir sind und bleiben verarmt.Die Bedeutung der Bildsprache war für C.G. Jung ganz offensichtlich, und er wußte um die allgemeine Verkümmerung unserer Beziehung zu Symbolen. Für ihn sind Bilder "Wegweiser zu tieferen Schichten von Bedeutung und Erfahrung", und er stellte fest, daß die Bilder in ihrer Bedeutung immer komplexer und reicher wurden, je weiter er sie zurückverfolgte. In Das Geheimnis der Goldenen Blüte spricht er über die Bedeutung des Mandala in bezug auf die Psyche:... Solche Dinge sind nicht zu erdenken, sondern müssen wiederum aus der dunklen liefe der Vergessenheit heraufivachsen, um äußerste Ahnung des Bewußtseins und höchste Intuition des Geistes auszudrücken und so die Einmaligkeit des Gegenwartsbewußtseins mit der Urvergangenheit des Lebens zu verschmelzen.Die Arbeiten Jungs und seine Einsicht in die psychische Kraft der Bilder, seine Forschungen zu den überlieferten Symbolen führten zu Werken anderer Autoren, die erhellende Einblicke auch in die Welt der Bilder und Mythen hinter den astrologischen Symbolen gewähren. Liz Greene zum Beispiel erweitert durch ihre Art der Betrachtung der mythischen Bilder unser Verständnis für die Tierkreiszeichen und dafür, wie sie sich für die jeweils Betroffenen realisieren. Stephen Arroyos Form der kulturellen und spirituellen Annäherung an die planetarischen Regenten vertieft unsere Einsichten in ihre spezifischen Charakteristika. Howard Sasportas wiederum bereichert seine Interpretation der Häuser, indem er Mythen verwendet. Besonders aufregend finde ich die Arbeit der Radical School of Astrology, die neuere linguistische Ansätze aufgegriffen und auf die Astrologie angewandt hat. Dabei werden die tieferliegenden Strukturen astrologischer Bedeutung und die Codes, durch welche sie ausgedrückt werden, sichtbar.C.G. Jungs Wiederaufnahme von Mythos und Bild als seriöse Forschungsthemen, die sowohl für unsere gegenwärtige psychologische Situation von Bedeutung als auch erhellend in bezug auf unsere Vergangenheit sind, hat viele dazu bewogen, unsere Symbole, so wie sie heute sind, bis auf ihre "ursprüngliche" Form zurückzuverfolgen. Die Forscher haben sich entsprechend ihren Interessen und Disziplinen in zwei Lager geteilt: in jene, die historische, kulturelle Wurzeln suchen, wobei sie Jungs Konzept vom kollektiven Unbewussten folgen; und in jene, die versuchen, das Bild noch weiter zurückzuverfolgen, nämlich bis in die biologische Erfahrung der beiden Geschlechter.Vom Standpunkt der ersten Gruppe aus betrachtet, haben die mythischen Bilder in Verbindung mit dem Tierkreis und den Planeten eine lange kulturelle Geschichte und tiefe Wurzeln, die bis in unser Unbewusstes reichen und dort starke Wirkung tun. Die Schichten im Unbewussten, in denen sich im Verlauf der Jahrhunderte eine Bedeutung um die andere angesammelt hat, können ihrem Wesen nach vom Bewusstsein nicht erreicht werden, es sei denn in äußerst eingeschränkter Form. Sie bilden jedoch den felsigen Grund, die Basis des Standpunktes, von dem aus wir laut Kerenyi unsere Welt wahrnehmen.Gramsci, Levi-Strauss, Dumezil und Kerenyi - sie alle sind sich darin einig, dass das Symbolbild eine kulturelle Kraft ist, die einerseits alte Bedeutungen weiterträgt, deren Bedeutung andererseits aber auch manipuliert werden kann. Gramsci und Kerenyi betonen beide, jeder in seinem Bereich, die doppelte Bedeutung der mythischen Bilder, nämlich einerseits für unsere gegenwärtigen Reaktionen, ganz gleich auf welche Situation, andererseits für unser unbewusstes Echo auf Vergangenes und damit für unsere psychische Identität - und beide interessieren sich für den Einfluss von Mythos und Symbolbild auf den einzelnen Menschen.Dumezil und Levi-Strauss hingegen schauen mehr auf die kultur- und sprachgeschichtliche Entwicklung des mythischen Bildes, auf seine Kontinuität und Veränderung innerhalb verschiedener Kulturen und auf den "strukturierenden" Feedback-Effekt, den sie auf die verschiedenen Gruppierungen in einer Gesellschaft haben. Alle betonen sie einerseits die Unzerstörbarkeit der Symbole selbst angesichts extremer gesellschaftlicher Katastrophen und gegenüber Einflüssen aus anderen Kulturen; sie sprechen andererseits aber auch von der Anfälligkeit der Symbole gegenüber kulturellem Druck und ideologischen Angriffen durch neue Ideen oder Überzeugungen wie z.B. die des Patriarchats.Leider sind noch keine Bewertungen vorhanden. Seien Sie der Erste, der das Produkt bewertet.
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