Der Tierkreis hatte zunächst noch einen direkten Bezug zu den Fixsternbildern. Später wurden die Sternbilder in zwölf gleich große Einheiten zu jeweils 30° eingeteilt. Dieser sogenannte siderische Tierkreis wurde auch in Ägypten und in Griechenland verwendet. Im Unterschied dazu ist der heute vorwiegend verwendete tropische Tierkreis ein universaler Sonnenkalender, der seinen Ausgang am Frühlingspunkt nimmt. Außerdem erörtert Robert Powell die Dekane und deren Bezug zum Tierkreis in Ägypten. Ebenso ausführlich wird der siderische Tierkreis in der vedischen Astrologie und die Bedeutung der Mondhäuser (Nakshatras) beschrieben. Abgerundet wird das Buch durch einen rekonstruierten babylonischen Fixsternkatalog.
Robert A. Powell (1947) studierte zunächst Mathematik, später Heileurythmie. Promotion an der Universität Warschau. Er ist Autor verschiedener astrosophischer und christologischer Werke und arbeitet neben seinen astrologischen Studien als Heileurythmist.
Euktemons Sonnenkalender
Die historische Annäherung an das Problem des Ursprungs des astronomischen Tierkreises ergibt die Identifizierung, dass Claudius Ptolemäus, der im 2. Jahrhundert n. Chr. in Alexandria lebte, der Urheber dieser Einteilung war. Um dem Urheber der Kalendereinteilung des Jahres in zwölf Sonnenmonate – den Tierkreiszeichen in der volkstümlichen Ausdrucksweise – nachzuspüren, ist es notwendig, zu einer früheren Entwicklungsphase der griechischen Astronomie zurückzukehren. Wer erscheint im Lichte der historischen Forschung als Urheber der mit der Frühlings-Tagundnachtgleiche beginnenden Einteilung? (Diese Einteilung ist bekannt als die tropische Einteilung, weil ihr Bezugsrahmen durch die äquinoktialen und tropischen [Sonnenwende-] Punkte geliefert wird. Die Äquinoktialpunkte werden durch die Tierkreisposition der Sonne an der Frühlings- und Herbst-Tagundnachtgleiche bestimmt, und die tropischen [Sonnenwende-] Punkte durch die Tierkreisstellung der Sonne bei der Sommer- und Wintersonnenwende.)Der erste Astronom, der die tropische Einteilung des Tierkreises einführte, scheint Euktemon gewesen zu sein, der in Athen lebte. Im Jahr 432 v. Chr. beobachteten Meton und Euktemon die Sommersonnenwende (nach Ptolemäus, Almagest III,1). Mit dieser Beobachtung beginnend konstruierte Euktemon ein Parapegma, d. h. einen Kalender, in dem die jährlichen Aufgänge und Untergänge einiger Fixsterne notiert wurden. Er teilte das Sonnenjahr in zwölf „Monate“ ein (nicht Mondmonate, sondern Sonnenmonate), die durch die zwölf Tierkreiszeichen definiert wurden. Im Monat „Cancer“ stand die Sonne im Zeichen Cancer usw. Der erste Tag des Monats „Cancer“ war der Tag der Sommersonnenwende, der erste Tag von „Libra“ war die Herbst-Tagundnachtgleiche usw. ... Euktemons Sonnenjahr begann mit der Sommersonnenwende. Die ersten fünf „Monate“ hatten jeweils 31 Tage, die letzten sieben 30 Tage. (van der Waerden)Während die Einteilung des astronomischen Tierkreises in zwölf ungleich lange Sternbilder auf Ptolemäus (2. Jahrhundert n. Chr.) zurückgeführt werden kann, wurde die Einteilung des Jahres in zwölf mehr oder weniger gleiche Monate, die nach den Tierkreiszeichen benannt wurden und mit der Frühlings-Tagundnachtgleiche als Anfang des ersten Monats begannen, offensichtlich durch den griechischen Astronomen Euktemon im 5. Jahrhundert v. Chr. zum erstenmal definiert.Wenn wir Euktemons Sonnenkalender mit der modernen tropischen Jahreseinteilung vergleichen (s. Tabelle 1), finden wir eine Übereinstimmung in den Längen der Tierkreismonate Taurus, Gemini, Libra, Scorpio, Sagittarius; wir finden aber auch, dass die übrigen Monate sich in irgendeiner Weise durch einen Tag unterscheiden, und im Falle des Monats Cancer gibt es eine Differenz von zwei Tagen. Natürlich muss alle vier Jahre ein zusätzlicher Tag in den Sonnenkalender eingefügt werden, um die Gesamtzahl von Tagen im Jahr von 365 auf 366 zu vervollständigen, damit sichergestellt ist, dass der erste Tag des Monats Aries mit dem Tag der Frühlings-Tagundnachtgleiche zusammenfällt, und dass der erste Tag des Monats Cancer mit dem Tag der Sommersonnenwende zusammenfällt, usw. Im bürgerlichen Kalender ist es üblich, diesen Tag am Ende des Monats Februar einzufügen, während im Sonnenkalender die Monatslängen mehr oder weniger um einen Tag von Jahr zu Jahr variieren können, jeweils nach den Daten, auf die die Tagundnachtgleichen und Solstitien fallen. Da aber keine geschichtliche Anwendung des Kalenders des Euktemon gefunden worden ist, ist nicht bekannt, ob es irgendeine Regel für die Hinzufügung eines zusätzlichen Tages alle vier Jahre gegeben hat. Die in Tabelle 1 angegebenen Monatslängen können als Führer für eine schematische Darstellung eines modernen Sonnenkalenders genommen werden (in derselben Weise, wie der Kalender des Euktemon in Abbildung 3 dargestellt ist), und wir gelangen zu folgendem Schema für eine moderne, genauere Bestimmung eines SonnenkalendersIn Abbildung 4 sind die fünf der Herbst-Tagundnachtgleiche im modernen Sonnenkalender vorausgehenden Monate lang, während die sieben der Herbst-Tagundnachtgleiche folgenden Sonnenmonate kurz sind. Darum ist die schematische Form des Kalenders des Euktemon – fünf Monate von 31 Tagen, gefolgt von sieben Monaten mit 30 Tagen – vergleichbar mit dem Schema des modernen Sonnenkalenders. Der Unterschied zwischen ihnen besteht einfach darin, dass der zentrale Monat der fünf langen Monate, nämlich Aries im Schema des Euktemon, im modernen Schema nun Cancer geworden ist.Der Grund dafür, dass der Monat Cancer im Zentrum der fünf langen Monate liegt, besteht darin, dass während des Monats Cancer die Erde am weitesten von der Sonne entfernt ist (Erde im Aphelion) und sich darum langsamer entlang ihres elliptischen Orbits um die Sonne bewegt. Entsprechend kommt die Erde kurz nach Weihnachten im Monat Capricorn der Sonne am nächsten (Erde im Perihelion) und bewegt sich dann sehr schnell in diesem Teil ihres elliptischen Orbits. Das Datum (um den 3. Januar herum), an dem die Erde im Perihelion ist, entspricht (annähernd) dem dreizehnten Tag des Sonnenmonats Capricorn, während das Datum (ungefähr 4./5. Juli), an dem die Erde im Aphelion ist, (annähernd) dem vierzehnten Tag des Sonnenmonats Cancer entspricht. Mit anderen Worten: Die Apsidenlinie (Aphelion-Perihelion) wird von der Erde gekreuzt, wenn sie, in der gegenwärtigen Zeitepoche, die Sonne ungefähr in der Mitte der Sonnenmonate Cancer und Capricorn umkreist.Leider sind noch keine Bewertungen vorhanden. Seien Sie der Erste, der das Produkt bewertet.
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